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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2012/68)

Zusammenfassung des Urteils B 2012/68: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt P.B., beantragten die Löschung einer Dienstbarkeit auf ihren Grundstücken, was abgelehnt wurde. Es entstand ein Streit um Gebühren für die Erstellung von Grundbuchauszügen. Der Gemeinderat und das Departement des Innern wiesen die Einsprachen ab. Es wurde festgestellt, dass die Rechnung des Grundbuchamtes nichtig war, da sie nicht klar an wen gerichtet war. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, die Kosten wurden dem Staat und der Gemeinde je zur Hälfte auferlegt. Die Beschwerdeführer wurden entschädigt, da die Rechnung nicht klar war. Der Entscheid wurde an die Beteiligten verschickt, und es wurde auf das Recht auf Beschwerde hingewiesen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2012/68

Kanton:SG
Fallnummer:B 2012/68
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2012/68 vom 14.02.2013 (SG)
Datum:14.02.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Urteil Nichtigkeit einer Abgabeveranlagung, Art. 24 und 25 VRP.Eine Rechnung für Grundbuchauszüge, welche an eine Anwaltsgemeinschaft adressiert ist und keine weiteren Hinweise zur zahlungspflichtigen Person enthält, stellt mangels Bestimmbarkeit des Abgabepflichtigen keine Veranlagungsverfügung dar (Verwaltungsgericht, B 2012/68).
Schlagwörter: Recht; Grundbuch; Entscheid; Rechnung; Quot; Grundbuchamt; Verwaltung; Vorinstanz; Gemeinde; Verfügung; Akten; Gebühr; Grundstück; Departement; Rechtsvertreter; Kanton; Rechtsanwälte; Grundbuchauszüge; Verfahren; Nichtigkeit; Kantons; Grundstücke; Rechtsmittel; Gebühren; Gallen; Politische; Gemeinderat; Quot;Rechtsanwälte; WHNquot; ürzt
Rechtsnorm: Art. 95 BGG ;Art. 954 ZGB ;
Referenz BGE:130 II 473; 132 II 342; 135 II 38; 137 I 273;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2012/68

Urteil vom 14. Februar 2013

Anwesend: Präsident lic. iur. B. Eugster; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,

Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber Dr. Th.

Scherrer

image

In Sachen Rechtsanwälte W.H.N., C.D.,

B.O.,

alle vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. P.B., lic.iur. P.B.,

Beschwerdeführer, gegen

Departement des Innern des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz, und

Politische Gemeinde W., vertreten durch den Gemeinderat, W., Beschwerdegegnerin,

betreffend Gebührenrechnung

hat das Verwaltungsgericht festgestellt:

A./ C.D. und B.O. sind Eigentümerinnen von Grundstücken im Grundbuchkreis W. Durch ihren gemeinsamen Rechtsvertreter – Rechtsanwalt lic.iur. P.B., tätig bei "Rechtsanwälte W.H.N." - ersuchten sie das Grundbuchamt W. am 4. November 2010 um Löschung einer auf ihren Grundstücken lastenden Dienstbarkeit. Ihr Begehren wurde am 24. Januar 2011 abgewiesen. Dagegen erhoben die Grundeigentümerinnen am 24. Februar 2011 beim Departement des Innern des Kantons St. Gallen (spezielle) Grundbuchbeschwerde. Da ihrem Rechtsvertreter die vom Grundbuchamt auftrags des Departements zugestellten Vorakten unvollständig erschienen, ersuchte er das Grundbuchamt am 31. März 2011 um deren Ergänzung mit dem Dienstbarkeitsvertrag, sämtlichen in diesem Zusammenhang erstellten Dokumenten sowie sämtlichen Grundbuchauszügen der belasteten und berechtigten Grundstücke. Das Grundbuchamt stellte ihm am 6. April 2011 die Unterlagen zusammen mit der an "Rechtsanwälte W.H.N." gerichteten Rechnung Nr. 40.211/2011 über Fr. 180.- für neun Grundbuchauszüge zu. Der Rechtsvertreter machte geltend, das Akteneinsichtsrecht als Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör sei unentgeltlich zu gewähren. Das Grundbuchamt hielt an der Rechnung fest mit der Begründung, andere Rechte und Lasten auf den berechtigten und belasteten Grundstücken seien unerheblich, die Auszüge seien neu erstellt worden und deshalb nicht Teil der Vorakten gewesen und eine gesetzliche Grundlage für die Gebührenbefreiung fehle.

  1. ./ Der Gemeinderat W. wies die Einsprache vom 21. April 2011, mit welcher der Rechtsvertreter für die Grundeigentümerinnen und die Anwaltskanzlei die Aufhebung der Rechnung Nr. 40.211/2011 vom 6. April 2011 beantragt hatte, am 17. Mai 2011 ab. Der Entscheid wurde samt Gebührenrechnung am 23. Mai 2011 dem Rechtsvertreter zugestellt. Das Departement des Innern (nachfolgend Vorinstanz) trat am 9. März 2012 auf den am 7. Juni 2011 erhobenen Rekurs, soweit er von "Rechtsanwälte W.H.N." erhoben worden war, nicht ein, und wies ihn, soweit er vom Rechtsvertreter im Namen der Grundeigentümerinnen und im eigenen Namen erhoben worden war, ab.

  2. ./ Lic.iur. P.B. erhob gegen den Rekursentscheid vom 9. März 2012 im Namen der "Rechtsanwälte W.H.N." und der Grundeigentümerinnen sowie im eigenen Namen (nachfolgend Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 26. März 2012 und Ergänzung vom

27. April 2012 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Rechtsbegehren, der

angefochtene Entscheid sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge aufzuheben.

Die Vorinstanz beantragte mit Vernehmlassung vom 16. Mai 2012 die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin schloss sich am 6. Juni 2012 der Auffassung der Vorinstanz an und beantragte, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzulehnen. Die Beschwerdeführer nahmen dazu am 22. Juni 2012 Stellung und hielten an ihrem Rechtsbegehren fest.

Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Darüber wird in Erwägung gezogen:

1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage nach der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (sGS 951.1, abgekürzt VRP), sofern kein ordentliches Rechtsmittel an eine Verwaltungsbehörde eine verwaltungsunabhängige Kommission des Bundes an das Bundesverwaltungsgericht offensteht, Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide der Departemente. Art. 2 Abs. 1 VRP behält abweichende Vorschriften eidgenössischer Erlasse und kantonaler Gesetze vor. Gemäss Art. 15 Abs. 1 des

Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (sGS 961.2, abgekürzt EG ZPO) entscheidet die Einzelrichterin der Einzelrichter des Kantonsgerichtes über Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide des zuständigen Departements, soweit es das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (sGS 911.1, abgekürzt EG ZGB) vorsieht. Beschwerden nach Art. 102 bis 104 der Grundbuchverordnung (SR 211.432.1, abgekürzt GBV) werden gemäss Art. 122 der Einführungsverordnung zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (sGS 911.11, abgekürzt EV ZGB) durch das Departement des Innern beurteilt. Nach Art. 12 Abs. 2 EG ZGB

kann gegen Verfügungen und Entscheide des zuständigen Departementes Beschwerde an den Einzelrichter des Kantonsgerichts erhoben werden. Die Hauptsache fällt dementsprechend in die Zuständigkeit der Einzelrichterin des Einzelrichters des Kantonsgerichts (vgl. Botschaft und Entwurf der Regierung vom 18. Oktober 2011 zum Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, in: ABl 2011 S. 2846 ff., S. 2895; Entscheid der

Einzelrichterin des Kantonsgerichts St. Gallen im Personen-, Erb- und Sachenrecht BE.

2012.15 vom 5. Juni 2012 E. 1, einsehbar unter www.gerichte.sg.c h).

Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie, die Erhebung von Kosten für die Erstellung der Grundbuchauszüge, welche Teil der Akten seien, verletze ihren verfassungsmässigen Anspruch auf Akteneinsicht. Nach der Rechtsprechung des Kantonsgerichts handelt es sich bei den Verfahren vor dem Grundbuchamt und vor der Vorinstanz um Verwaltungsverfahren, womit das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege anwendbar ist (vgl. Entscheid der Einzelrichterin des Kantonsgerichts St. Gallen im Personen-, Erb- und Sachenrecht BE.2012.15 vom

5. Juni 2012 E. 2b, einsehbar unter www.gerichte.sg.ch). Gemäss Art. 94 Abs. 2 VRP wird die Kostenverfügung von der in der Hauptsache zuständigen Behörde getroffen. Zum Ersatz der Barauslagen der Behörde kann gemäss Art. 94 Abs. 1 VRP verpflichtet werden, wer sie veranlasst. Zu den Barauslagen gehören namentlich Ausgaben im Rahmen von Beweiserhebungen. Nicht zu den Barauslagen sind jene Kosten zu zählen, die aus einer gebührenpflichtigen Tätigkeit der Verwaltung erwachsen; solche Aufwendungen sind aus dem Gebührenerlös zu bestreiten (vgl. R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, St. Gallen 2004, S. 51 f.). Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Rechnung

Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom 6. April 2011 nicht als Teil der amtlichen Kosten, sondern – verfahrensrechtlich – als Veranlagung einer Gebühr behandelt hat.

Ob der Rechtsmittelweg unter diesen Umständen über das Departement des Innern nicht vielmehr entsprechend Art. 41 lit. h Ziff. 5 in Verbindung mit Art. 59 Abs. 1 VRP über die Verwaltungsrekurskommission an das Verwaltungsgericht führt, kann im vorliegenden Fall mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens offen bleiben.

  1. Indem die Vorinstanz auf den Rekurs der Beschwerdeführer teilweise nicht eintrat und ihn teilweise abwies, bestätigte sie den abschlägigen Einspracheentscheid des Gemeinderates der Gemeinde W. und damit die an die "Rechtsanwälte W.H.N." gestellte Rechnung Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom 6. April 2011 über Fr. 180.- für neun Grundbuchauszüge. Die Beschwerdeführer machen vorab die Nichtigkeit dieser Rechnung geltend. Die Nichtigkeit von Verfügungen ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten; sie kann auch im Rechtsmittelweg festgestellt werden (vgl. BGE 132 II 342 E. 2.1 mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung). Stellt die Rechnung keine vollstreckbare Verfügung dar, erübrigt sich eine Prüfung der weiteren Vorbringen.

  2. Zu klären ist, ob es sich bei der Erhebung einer Grundbuchgebühr um eine Verfügung handeln kann (vgl. dazu nachfolgend E. 3.1) und ob deren konkrete Ausgestaltung in der Form der Rechnung Nr. 40.211/2011 vom 6. April 2011 die unabdingbaren Voraussetzungen, welche an eine Verfügung gestellt werden, erfüllt (vgl. dazu nachfolgend E. 3.2).

    1. Die Rechnung Nr. 40.211/2011 vom 6. April 2011 stützt sich auf Nr. 50.03 des Gebührentarifs für die Grundbuchämter und für die Durchführung der Grundstückschätzung (sGS 914.5), der seinerseits seine Grundlagen in Art. 954 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (SR 210, abgekürzt ZGB), wonach die Kantone für die Inanspruchnahme des Grundbuches Gebühren erheben können (vgl. J. Schmid, in: Basler Kommentar, ZGB II, 4. Aufl. 2011, N 1 zu Art. 954 ZGB), und in Art. 100

      Abs. 2 VRP, wonach die Regierung unter anderem die Gebührenansätze regelt, findet. Sie hat Grundbuchgebühren von Fr. 180.- für die Ausstellung von neun Grundbuchauszügen (Grundbuchauszug Nr. 25 für die Grundstücke Nrn. 150, 2255,

      2258, 2259, 2260 und 2261, Nr. 26 für die Grundstücke Nrn. 1745 und 1747 und Nr. 27 für das Grundstück Nr. 1749) zum Gegenstand, enthält eine Zahlungsfrist und ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Das Grundbuchamt W. beabsichtigte damit am

      6. April 2011 nicht bloss, eine Rechnung zu stellen zu einer Zahlung aufzufordern (zur Bedeutung von Rechnungsstellungen und Zahlungsaufforderungen vgl. R. Wiederkehr, in: Wiederkehr/Richli, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Band I, Bern 2012, Rz. 2324), sondern eine Gebühr zu veranlagen. Die Erhebung von Grundbuchgebühren in der Form der Rechnung Nr. 40.211/2011 vom 6. April 2011 ist deshalb grundsätzlich geeignet, eine Veranlagungsverfügung darzustellen.

    2. Zu klären ist, ob die Rechnung Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom

6. April 2011 alle unabdingbaren Elemente einer Veranlagungsverfügung enthält.

3.2.1. Eine Verfügung ist ein individueller, an den Einzelnen gerichteter Hoheitsakt, durch den ein konkretes verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis rechtsgestaltend feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird (vgl. anstelle vieler BGE 135 II 38 E. 4.3, 132 I 229 E. 4.1). Nichtigkeit einer Verfügung wird angenommen, wenn diese mit einem tiefgreifenden und wesentlichen Mangel behaftet ist, wenn dieser Mangel offensichtlich zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (vgl. anstelle vieler BGE 137 I 273 E. 3.1, 136 II 415 E. 1.2). Da es sich bei der Verfügung um eine hoheitliche Anordnung im Einzelfall handelt, die ein Rechtsverhältnis in verbindlicher Weise regeln und vollstreckbar sein soll, ohne dass eine weitere Konkretisierung notwendig wäre (vgl. Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, 2. Aufl. 2003, Rz. 536 und 539 mit Hinweis), muss sie sich an eine einzelne Person an mehrere bestimmte bestimmbare Adressaten richten (vgl. Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 543; Kölz/ Bosshart/ Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich,

2. Aufl. 1999, N 16 der Vorbemerkungen zu §§ 4-31). Die Voraussetzung der Nichtigkeit ist deshalb ohne Weiteres dann erfüllt, wenn aus der Verfügung nicht erkennbar wird, zu welcher Rechtsperson das Rechtsverhältnis begründet werden soll, da es an einem für die Entstehung des Rechtsverhältnisses unabdingbaren Erfordernis fehlt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Grundstückgewinnsteuer den nicht namentlich aufgeführten Erben des Veräusserers auferlegt wird. Ein solcher Entscheid ist mangels

hinreichender Parteibezeichnung nicht vollstreckbar, und aus der fehlenden

Vollstreckbarkeit ist auf Nichtigkeit zu schliessen (vgl. RB 1962 Nr. 76).

Die Bezeichnung des Abgabepflichtigen ist für das Entstehen eines abgaberechtlichen Verhältnisses unumgänglich. Daran ändert – worauf sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid (vgl. act. 2 E. 2.6) beruft - nichts, dass Art. 24 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (sGS 951.1, abgekürzt VRP), welcher den Inhalt von Verfügungen umschreibt, die Beteiligten – also die verfügende Behörde und den Adressaten – nicht ausdrücklich erwähnt. Zu prüfen ist deshalb, ob sich die abgabepflichtige Person – unmittelbar - aus der Adresse (vgl. dazu nachfolgend

E. 3.2.2.) – mittelbar – mit genügender Bestimmtheit aus den weiteren Umständen (vgl. dazu nachfolgend E. 3.2.3.) ergibt.

3.2.2. Die Rechnung Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom 6. April 2011 ist an die "Rechtsanwälte W.H.N., W.-strasse 00, 9000 St. Gallen" adressiert. Die Vorinstanz anerkennt, dass es sich bei der Bezeichnung "Rechtsanwälte W.H.N." um ein inexistentes Rechtssubjekt handelt (vgl. act. 2, angefochtener Entscheid E. 2.6). Sie macht auch nicht geltend, aus der Adresse sei zu schliessen, die Rechtsanwälte mit den Familiennamen W., H. und N. der Praxisgemeinschaft "W.H.N." würden als natürliche Personen anteilsmässig unter solidarischer Haftbarkeit je für den ganzen Betrag veranlagt. Indem die Vorinstanz auf den Rekurs, soweit er im Namen der "Rechtsanwälte W.H.N." erhoben wurde, nicht eingetreten ist, hat sie selbst zum Ausdruck gebracht, dass eine Individualisierung gestützt auf diese Bezeichnung nicht möglich ist.

      1. Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, aus den Erlassumständen werde ersichtlich, dass die Verfügung an den Besteller der Grundbuchauszüge gerichtet, d.h. dass der Adressat lic.iur. P.B. sei. Deshalb könne nicht auf eine mangelhafte Eröffnung geschlossen werden. Mit einer gegenteiligen Interpretation werde der Adresse eine Bedeutung beigemessen, welche ihr das Grundbuchamt ohne Zweifel nicht habe geben wollen. Die Verfügung sei deshalb weder aufzuheben noch ihre Nichtigkeit festzustellen.

        Aus den weiteren Umständen, in deren Zusammenhang die Rechnung erging, lässt sich zwar schliessen, dass damit C.D., B.O. und/oder Rechtsanwalt lic.iur. P.B. mit den Gebühren für die Erstellung der Grundbuchauszüge veranlagt werden sollten. Indessen lässt sich auch aus dem Verfahren nicht schliessen, ob die Grundeigentümerinnen selbst ihr Rechtsvertreter abgabepflichtig wurden. Die Vorinstanz führt in ihren Erwägungen zum Eintreten selbst aus, es stehe nicht zweifelsfrei fest, wer "in die Pflicht genommen werden sollte" (vgl. act. 2, angefochtener Entscheid E. 1.2). Anders als bei der Adressierung einer Verfügung an den Geschäftsbetrieb einer juristischen Person (vgl. Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel vom

        16. August 2002, in: VPB 67/2003 III Nr. 94; BGer 2A.474/2002 vom 17. März 2003

        E. 3), ist im vorliegenden Fall der Adressat nicht eindeutig bestimmbar. Deshalb wäre die Rechnung auch nicht als definitiver Rechtsöffnungstitel zur Vollstreckung der Forderung geeignet (vgl. Art. 80 Abs. 2 Ziff. 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs; SR 281.1).

      2. Welche natürliche allenfalls juristische Person zur Zahlung der Gebühr verpflichtet werden soll, wird weder aus der Adresse noch aus den weiteren Angaben in der Rechnung erkennbar. Dementsprechend ist die Nichtigkeit der Rechnung

Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom 6. April 2011 festzustellen. Die Beschwerde ist damit gutzuheissen. Da bereits die Vorinstanz und der Gemeinderat der Politischen Gemeinde W. die Nichtigkeit der Rechnung hätten feststellen müssen – und mit ihren Entscheiden die Rechtsmittel nicht hätten abweisen dürfen, sind auch der angefochtene Entscheid der Vorinstanz vom 9. März 2012 und der Beschluss des Gemeinderates der Politischen Gemeinde W. vom 17. Mai 2011 aufzuheben.

  1. Wäre die Beschwerde in der Sache zu beurteilen, müsste sie gutgeheissen werden. Ausgangslage ist ein Verfahren zur Löschung einer Dienstbarkeit im Grundbuch W. Das Grundbuchamt hat im Verfahren vor dem Gemeinderat ausgeführt, der Sachverhalt sei anhand des Hauptbuches (Grundbuchblatt) abgeklärt worden (vgl. Entscheid des Gemeinderates vom 17. Mai 2011, in act. 11-7, Ziff. 6). Die Bedeutung des Inhalts des Grundbuchs für die Beurteilung des anhängig gemachten Begehrens ist deshalb offenkundig. Das Grundbuchamt hat am 19. April 2011 die Auffassung vertreten, welche anderen Rechte und Lasten auf den berechtigten und belasteten Grundstücke lasteten, sei zur Beurteilung der Löschung der Dienstbarkeit unerheblich. Dazu ist

    anzumerken, dass sich das Aktenbegehren auf die von der Dienstbarkeit betroffenen Grundstücke bezog. Soweit es um ein Wegrecht geht, kann zudem durchaus von Belang sein, auf welche Weise die Grundstücke aufgrund weiterer Dienstbarkeiten zusätzlich erschlossen sind.

    Bei den angeforderten Auszügen handelt es sich um Auszüge aus dem Hauptbuch (vgl. Art. 26 Abs. 1 lit. b der Grundbuchverordnung, SR 211.432.1, abgekürzt GBV). Nach Art. 16 Abs. 1 VRP haben die Beteiligten Anspruch auf Einsicht in die Akten, soweit nicht wichtige öffentliche schutzwürdige private Interessen entgegenstehen. Das Recht auf Akteneinsicht ist nach der Rechtsprechung Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör und wird in erster Linie durch das kantonale Verfahrensrecht umschrieben. Ein Mindestanspruch besteht jedoch unmittelbar aufgrund von Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101). Der Anspruch ist für die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich umfassend. Diese können somit sämtliche prozesserheblichen Akten einsehen, auch solche, die erst nachträglich beigezogen werden (vgl. Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 1128). Jede schriftliche elektronische Aufzeichnung, welche geeignet ist, der Behörde dem Gericht als Grundlage des Entscheids zu dienen, stellt ein Aktenstück im Sinn des verfassungsrechtlichen Akteneinsichtsrechts dar (vgl. Müller/Schefer, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 874). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sämtliche Informationen, die dem entscheidenden Organ zur Verfügung stehen, auch der Partei zugänglich sein müssen (vgl. Müller/Schefer, a.a.O., S. 876). Wesentliche Vorbedingung jedes Einsichtsrechts ist das Bestehen von Akten. Das Bundesgericht verpflichtet die Behörden daher dazu, dass "alles in den Akten festgehalten wird, was zur Sache gehört" (BGE 130 II 473 E. 4.1). Akten können einem Rechtsanwalt unter

    Umständen auch in elektronischer Form, d.h. nicht in Papierform, ausgehändigt werden

    (vgl. GVP 2009 Nr. 82).

    Der Rechtsvertreter verlangte Einsicht in die Akten in einem durch einen Entscheid abzuschliessenden Verfahren. Indem das Grundbuchamt einerseits den Entscheid auf das Grundbuch stützte und anderseits Grundbuchauszüge erstellte und dafür Gebühren erhob, vertrat es im Ergebnis die Auffassung, das Akteneinsichtsrecht des Anwalts beschränke sich auf das Recht, bei der Behörde Einblick in das Grundbuch zu nehmen. Angesichts des Gebots von Treu und Glauben, wie es sich auch für das

    Verwaltungsverfahren aus Art. 9 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) ergibt, wäre das Grundbuchamt gehalten gewesen, dem Rechtsvertreter diese Auffassung vor der gebührenpflichtigen Erstellung von Grundbuchauszügen mitzuteilen. Die Auffassung, die Grundbuchauszüge seien nicht Teil der Originalakten, erscheint im Übrigen mit Blick darauf, dass auch die Rechtsmittelbehörde Kenntnis vom Inhalt des Grundbuchs haben muss, zumindest problematisch.

    Schliesslich stellte die Vorinstanz fest, es sei unklar, ob sich die strittige Rechnung an den Rechtsvertreter richte und erachtete deshalb sowohl ihn als auch die von ihm vertretenen Grundeigentümerinnen als rechtsmittellegitimiert (vgl. act. 2, angefochtener Entscheid E. 1.2). Trotzdem wird mit dem angefochtenen Entscheid auch sein Rechtsmittel abgewiesen (Ziff. 2 des Dispositivs) und ihm Kosten auferlegt (Ziff. 3 des Dispositivs). Auch aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Entscheid in der Sache als mangelhaft.

  2. Dem Verursacherprinzip entsprechend haben der Staat und die Politische Gemeinde W., welche bereits in den vorangehenden Rechtsmittelverfahren hätten feststellen müssen, dass es sich bei der Rechnung Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom

6. April 2011 nicht um eine gültige Veranlagungsverfügung handelt, die amtlichen Kosten je zur Hälfte zu tragen (vgl. Art. 95 Abs. 2 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.- ist angemessen (Art. 7 Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung [sGS 941.12]). Auf die Erhebung des Anteils des Staats wird verzichtet (vgl. Art. 95 Abs. 3 VRP). Den Beschwerdeführern ist der Kostenvorschuss von Fr. 2'000.- zurückzuerstatten.

Der Staat (Departement des Innern) und die Politische Gemeinde W. haben die Beschwerdeführer – wobei zu berücksichtigen ist, dass der Rechtsvertreter die Beschwerde auch in eigener Sache geführt hat - ausseramtlich mit insgesamt

Fr. 2'000.- (zuzüglich Mehrwertsteuer) je zur Hälfte zu entschädigen (vgl. Art. 98bis und

98ter VRP).

Die Beschwerdeführer haben ihre Anträge vor Vorinstanz unter Entschädigungsfolge

gestellt. Im Rekursverfahren werden ausseramtliche Kosten gemäss Art. 98 Abs. 2 VRP

entschädigt, soweit sie aufgrund der Sach- Rechtslage notwendig und angemessen erscheinen. Da die umstrittene Rechnung Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom 6. April 2011 mangels bestimmbarer Adressaten offenkundig keine Veranlagungsverfügung darstellen konnte, erscheint eine Rechtsvertretung im Rekursverfahren als nicht notwendig. Ein Anspruch auf ausseramtliche Entschädigung besteht deshalb für dieses Verfahren nicht.

Demnach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt:

  1. ./ Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Nichtigkeit der Rechnung Nr. 40.211/2011 des Grundbuchamtes W. vom 6. April 2011 festgestellt.

  2. ./ Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz vom 9. März 2012 und der ihm

    zugrunde liegende Beschluss des Gemeinderates der Politischen Gemeinde W. vom

    17. Mai 2011 werden aufgehoben.

  3. ./ Die amtlichen Kosten von Fr. 2'000.- tragen der Staat und die Politische Gemeinde

    W. je zur Hälfte. Auf die Erhebung des Anteils des Staats wird verzichtet. Den

    Beschwerdeführern wird der Kostenvorschuss von Fr. 2'000.- zurückerstattet.

  4. ./ Der Staat (Departement des Innern) und die Politische Gemeinde W. entschädigen die Beschwerdeführer für die ausseramtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte mit zusammen Fr. 2'000.- zuzüglich Mehrwertsteuer.

V. R. W.

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Versand dieses Entscheides an:

  • die Beschwerdeführer (durch Rechtsanwalt lic.iur. P.B.)

  • die Vorinstanz

  • die Beschwerdegegnerin

am:

Rechtsmittelbelehrung:

Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG innert dreissig Tagen nach der Eröffnung Beschwerde beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, erhoben werden.

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Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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